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Interview mit Nicole Grom

Kiel & Feder Verlag: Wieso schreibst Du gerne Gruselgeschichten?

Nicole Grom: Wahrscheinlich, weil ich als Kind selbst wahnsinnig gerne Gruselgeschichten gelesen habe. Es gab da die Heftreihe „Gespenstergeschichten“ im Bastei-Lübbe-Verlag, deren Geschichten immer mit demselben schweißtreibenden Gänsehautsatz endeten: „Seltsam? Aber so steht es geschrieben …“ WO steht WAS geschrieben? Dieser Satz hatte für mich eine überzeitliche, fast religiöse Bedeutung. Gibt es eine Schrift, die sich durch mysteriöse Begebenheiten erfüllt?

 

Kiel & Feder Verlag: Was genau fasziniert Dich an der Gruselreihe „Fürchte Dich!“?

Nicole Grom: Ich denke, dass junge Leser Gruselgeschichten genauso brauchen wie Märchen. Sich zu gruseln ist eine grundlegende menschliche Erfahrung, durch die man in Kontakt zu seelischen Schichten tritt, die im Alltagsbewusstsein ausgeblendet werden. Mir fehlte bislang in der deutschen Kinder- und Jugendbuchszene eine einschlägige Buchreihe, die diesem Bedürfnis nachkommt. Umso begeisterter bin ich, dass der Kiel & Feder Verlag das großartige Projekt „Fürchte dich!“ gestartet hat, um diese Lücke zu füllen. Ich gehe einfach einmal davon aus, dass „Fürchte dich!“ eine bunte Vielfalt von Gruselstilen bedienen wird, denn nicht jeder gruselt sich in gleicher Weise. Insofern bin ich sehr gespannt auf die Reaktion zu meinem ersten Buch „Das Haus des Hexenmeisters“ sowie auf die Werke meiner Autorenkollegen.

 

Kiel & Feder Verlag: Findest Du, dass das Schreiben von Jugendgeschichten leichter ist als Romane für Erwachsene? Wenn ja, wieso?

Nicole Grom: Nein, im Gegenteil – für Kinder und Jugendliche zu schreiben ist unendlich viel schwerer, denn sie sind ein wesentlich ehrlicheres Publikum als Erwachsene! Während ein Erwachsener auch mal 50 Seiten liest, bevor er ein Buch gelangweilt aufgibt, landet ein vergleichbares Kinder- oder Jugendbuch ganz schnell in der Ecke … Für einen Autor bedeutet dies, dass er viel schneller auf den Punkt kommen, wesentlich straffer erzählen und die Dramaturgie sehr deutlich herausarbeiten muss. Insofern stellt es eine gewisse Herausforderung dar, eine Geschichte auf 100 Seiten zu entwickeln, wie es im Rahmen der „Fürchte Dich“-Reihe vorgesehen ist. Diese Beschränkung birgt andererseits aber auch den Vorteil, dass man als Autor gar nicht erst in die Verlockung gerät, vom Plot abzuschweifen und sich in Nebenschauplätzen zu verästeln. Und das ist wiederum ganz im Sinne des Kinder- und Jugendbuchs (wobei es im letztgenannten Segment natürlich auch extrem papierreiche Vertreter gibt).

 

Kiel & Feder Verlag: Erzähl uns doch einmal, was Du für die besagte Reihe in der Schublade hast?

Nicole Grom: Mitte 2018 wird zunächst „Das Haus des Hexenmeisters“ als Auftakt der Reihe erscheinen. Für Nachschub ist aber bereits gesorgt, denn „Die Rückkehr des Großmeisters“ liegt in meiner Schreibtischschublade und harrt der Überarbeitung. Und auch das Exposé für meinen dritten Reihentitel, „Der Totenfotograf“, wartet schon darauf, dass ich ihm böses Leben einhauche. Allerdings muss sich dieses Projekt noch ein wenig gedulden, da ich zunächst noch zwei Kinderbücher für einen anderen Verlag fertigstellen muss.

 

Kiel & Feder Verlag: Was ist für Dich persönlich gruselig?

Nicole Grom: Grundsätzlich alles, was aus unserer von Rationalität geprägten Weltsicht herauskippt und eine Art Eigenleben gewinnt. Besonders gruselig finde ich Geschichten, die sich aus dem Alltagsleben heraus entwickeln. Den Alltag kennt man doch wie seine Westentasche. Logo. Oder etwa nicht? Je stärker dieses Gefühl des „Oder etwa nicht?“ im Laufe einer Story wird, je mehr die Zweifel an der scheinbar unverbrüchlichen Eindeutigkeit alltäglicher Begebenheiten steigen, desto gruseliger ist sie für mich. „Gruselig“ bedeutet für mich aber auch, wenn vergangene Zeiten, die man längst vergessen glaubte, wieder Macht über die Gegenwart gewinnen. Wie zwei Schablonen, die sich übereinander schieben – sodass der Leser schließlich nicht mehr weiß, welche Welt die reale und welche die Spiegelung der andern ist …

 

Wir bedanken uns für das Mitmachen :)